ABEND
Der Abend wechselt langsam die Gewänder,
die ihm ein Rand von
alten Bäumen hält;
du schaust: und von dir
scheiden sich die
Länder,
ein himmelfahrendes und
eins, das fällt;
und lassen dich, zu
keinem ganz gehörend,
nicht ganz so dunkel wie
das Haus, das schweigt,
nicht ganz so sicher
Ewiges beschwörend
wie das, was Stern wird
jede Nacht und steigt -
und lassen dir
(unsäglich zu entwirrn)
dein Leben bang und
riesenhaft und reifend,
so dass es, bald
begrenzt und bald
begreifend,
abwechselnd Stein in dir
wird und Gestirn.
Rainer Maria
Rilke (1875-1926)
